Upland
Gestern war ein Tag, der in jeder Hinsicht dem Bild entsprach, das man sich vom Erasmus-Studium macht und worin auch der Reiz daran liegt. Ein Tag, der früh morgens begann und sich bis in die frühen Morgenstunden des folgenden zog. Eine so große Anzahl neuer Gesichter, dass ich es irgendwann aufgegeben habe, mir die Namen zu merken; ein intensiver Eindruck von der Landschaft um Uppsala, deren Geschichte, Aussehen und Charakter; und nicht zuletzt die Erkenntnis, das schwedisches Bier dann häufig doch nicht so unbezahlbar ist.
Upland ist statistisch gesehen die am stärksten bevölkerte Region Schwedens, was angesichts der wenigen Ortschaften und riesigen Waldgebiete doch recht seltsam wirkt. Carl von Linné ließ sich hier nieder, ein Professor der Universität Uppsala und einer der zentralen Persönlichkeiten in der Geschichte der Biologie. Er war es, der die Grundlagen für die Kategorisierung von Pflanzen und Tieren legte. Auf ihn geht die Bezeichnung
homo sapiens zurück - in jeder Hinsicht also eine Person, auf die man sich in Schweden gerne beruft und deshalb auch den 100-Kronen-Schein mit seinem Konterfei versehen hat. Wie so viele große und einflussreiche Geister wurde auch er an einem 23. Mai geboren. Das Bild unten zeigt den Aufbewahrungsraum für Präparate und Exponate seiner naturwissenschaftlichen Sammlung.
Linné wurde vom schwedischen König aufgrund seiner Leistungen nobilitiert und integrierte nach deutschem Vorbild das "von" in seinen Namen. Der schwedische Adel hat im Vergleich zu anderen Nationen nie eine herausragende Rolle gespielt. Abhängigkeitsverhältnisse durch Grund- oder Gutsherrschaft entstanden nicht in der Intensität, da Bauern einfach auf andere Flächen diese weitläufigen Landes ausweichen konnten. Dennoch gelang es einigen Adeligen gerade im 17. Jahrhundert, der Blütezeit des schwedischen Imperiums, an Geld, Macht und Ruhm zu gewinnen. Söldnerheere der europäischen Mächte wurden beinahe durchgehend in verschiedenen Kriegen eingesetzt, der Dreißigjährige Krieg ist hier nur ein Beispiel unter vielen. Die Intervention Schwedens unter Gustav Adolf, der Feldzug gegen den Kaiser und die Katholische Liga bot vielen Adeligen Schwedens die Möglichkeit, bis dato unvorstellbare Reichtümer anzuhäufen. Dem neuen Reichtum sollte in Repräsentativbauten Ausdruck verliehen werden, die an vielen Stellen des schwedischen Reiches errichtet wurden, so auch dieses hier:
Das ist Schloss Skokloster, von einem jener Adeligen errichtet, die am Dreißigjährigen Krieg prächtig verdient hatten und nun versuchten, Anschluss an den Adel Frankreichs oder des Heiligen Römischen Reiches zu finden.
Soviel vielleicht zur Geschichte Uplands, die uns von einem sehr kompetenten und unterhaltsamen Führer näher gebracht wurde. Am Abend bot sich dann noch die Möglichkeit, ausgiebig die faszinierende Welt des schwedischen Bieres kennenzulernen und dabei im Sinne der Völkerverständigung auch die Wirkung auf die verschiedenen Nationalitäten. Insgesamt also wirklich ein Tag, der sowohl Eindrücke von der Umgebung als auch ausgiebiges Feiern zu bieten hatte.
nils23 am 01. August 10
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Langsames Einleben...
Tag vier in Schweden neigt sich dem Ende zu und es scheint immer mehr eine gute Idee gewesen zu sein, schon am Montag hier anzureisen. Langsam ist das Englisch nicht mehr so holperig und immer mehr Punkte auf der ToDo-Liste lassen sich abhaken. Gestern habe ich bei Ikea ein paar Dinge gekauft, damit der Raum nicht mehr ganz so leer wirkt und zumindest nicht mehr beim Sprechen hallt außerdem Großeinkauf im
coop centrum, Fahrrad ist jetzt auch vorhanden (aus Beständen der schwedischen Armee und unglaublich rubust). Eine schwedische Handynummer habe ich nun auch, ebenso wie einen Studentenausweis und die offizielle Immatrikulation an der
Uppsala Universitet.
Es ist doch erstaunlich, wie schnell man sich hier einleben kann obwohl noch keine Kurse stattfinden und der Campus total ausgestorben ist. Anders als in Deutschland scheinen schwedische Studenten wirklich Semester
ferien zu haben, die in Deutschland den Namen nicht verdienen.
Seit heute Abend habe ich auch endlich einen Mitbewohner. Kai (lässt sich so nenne, weil niemand seinen Namen aussprechen kann) kommt aus China und studiert Ökotrophologie. Es hat meinen ersten Verdacht bestätigt, dass es der bereits erwähnte Hannes (der heute einen Bundeswehrparker trug) war, der die Katastrophe in der Küche angerichtet hat. Nun wird sich wohl hoffentlich in den nächsten Wochen alles zum Besseren verändern und die Küche wieder dauerhaft begehbar werden.
Morgen ist dann die Begrüßungsveranstaltung für den Sprachkurs und am Samstag eine erste Exkursion durch Upland, die Landschaft um Uppsala. Langsam beginnt also das Studium hier, eine ereignisreiche Zeit kündigt sich an.
nils23 am 30. Juli 10
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Universitas Regia Upsaliensis
Neben einigen Verwaltungsangelegenheiten und Organisation eines funktionierenden Internetaccounts hatte ich heute auch Zeit, mir einen ersten Einblick über die Gebäude der Universität zu verschaffen. Mit den Bildern des Königsworther Platzes oder des Schneiderbergs im Hinterkopf war der erste Eindruck dann doch riesig.
Außenansicht des Hauptgebäudes:
Lehrsaal im Inneren:
Hauptsaal:
Gang mit den Büros der Fakultäten:
Institut für Chemie:
Das Historische Seminar (!):
Und ein Gebäude des Mathematik- und Technologiecampus:
Viele Gebäude liegen direkt in der Innenstadt und sind von Parkanlagen umgeben. Hier wird es sich definitiv gut studieren lassen!
nils23 am 27. Juli 10
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Ankunft in Uppsala
Gestern Punkt 12:15 Uhr ist der Airbus von Berlin Schönefeld nach Stockholm Arlanda mit mir an Bord gelandet und die erste sprapaziöse Etappe dieses Auslandssemesters war damit beendet. Vorausgegangen waren das Aufstehen zu unchristlicher Zeit, die Zugfahrt nach Berlin, ein fragwürdiges Schokoladenbrötchen an Bord und ein recht turbulenter Flug. Dank der sehr guten Sicht auf die überflogenen Länder ergab sich aber dennoch ein erster Einblick in die Unterschiede, die bei allen Gemeinsamkeiten dann doch zwischen beiden Ländern herrschen. Deutschland: komplett zersiedelte Landschaften mit Berlin als bestem Beispiel, Schweden: Waldgebiete, Seen und Gehöfte so weit das Auge reicht und beim Landeanflug der Eindruck entstand, der Pilot müsse im Niemandsland notlanden.
Danach Fahrt nach Uppsala, Schlüssel abgeholt und Gewaltmarsch zur Wohnung für die nächsten sechs Monate. Ergebnis: 19 Quardratmeter mit eigenem Bad und Grundeinrichtung. Typisches Wohnheimflair, besonders der Aufenthaltsraum und die Küche, die auch von den anderen vier Bewohnern des Flures benutzt wird. Dementsprechend sieht es dort auch aus und die Ordnung entspricht leider jedem Wohnheimklischee. Hannes, ein Schwede und der einzige Mitbewohner, der während der vorlesungsfreien Sommerzeit hier ist, scheint daran nicht geringen Anteil zu haben. Da er aber in zwei Tagen auszieht, habe ich die Hoffnung auf hygienischere Zustände noch nicht aufgegeben. Auch dies gehört wohl zu den Faktoren, die ein Auslandssemester zu dem machen, was es ist: Konfrontation mit fremden Menschen, Sitten und Kulturen, die sowohl angenehme als auch gewöhnungsbedürftige Seiten hat. Also Augen zu und durch...
Insgesamt ist Wohnanlage im Kantorsgatan aber doch recht nett und vor allem ruhig.
nils23 am 27. Juli 10
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... Du fjällhöga nord.
So lautet der erste Vers der ersten Strophe der Nationalhyme Schwedens. An anderer Stelle heißt es (übersetzt) weiter: "Du thronst auf der Erinnerung großer, vergangener Tage,
da dein Name geehrt durch die Welt flog." Die hier angesprochene, bedeutende schwedische Geschichte wird in den nächsten Monaten wohl noch das ein oder andere Mal zur Sprache kommen. Da geht leider kein Weg dran vorbei und tut mir für diejenigen Leid, die in diesem Blog nur belanglose Informationen über Wetter, Elche, Essen und Köttbullar erwarten.
Mal schauen, wie sich dieses Blog entwickeln wird, ich habe so etwas noch nie gemacht und bin deshalb selbst gespannt, was am Ende dabei herauskommen wird. Von hochgestochenen Reflexionen über die schwedische Geschichte bis zu Trivialitäten über das Wetter kann ich mir so gut wie alles vorstellen. Was es aber auf jeden Fall bieten soll, ist es, allen Lesern einen kleinen Eindruck zu geben von meinem Aufenthalt in Uppsala, von den Konfrontation mit der vielleicht doch nicht so vergleichbaren Kultur der Schweden, von der Landschaft Uplands, von den hoffentlich zahlreichen Erasmus-Partys und von den Erfahrungen mit der winterlichen Dunkelheit in Schweden. Und ja, über Elche werde ich wohl auch noch irgendwann berichten.
Da ja die Historiker bekanntermaßen nicht unbedingt die Speerspitze bei der Nutzung digitaler Medien bilden und ich mich dem Trend auch nicht ganz entziehen kann, habe ich doch eine gewisse Grundskepsis gegenüber dieser Bloggerei. Daher werde ich vermeiden, meinen vollständigen Namen zu nennen und auch relativ wenige Fotos von mir selbst hier hochladen. Die nerventötende und stundenlange Diashow gibt es dann, wenn ich wieder zurück bin!
Es steht natürlich jedem frei, dieses Blog an alle weiterzuempfehlen, die an meinen Erlebnissen in irgendeiner Weise interessiert sein könnten. Auch freue ich mich über alle Kommentare zu den Artikeln, eine Anmeldung bei dem Bloganbieter ist wohl nicht wirklich aufwendig.
Bis zum Abflug sind es jetzt noch einige Tage hin, vielleicht werde ich hier aber schon im Vorfeld ein wenig schreiben (wenn endlich die unsägliche letzte Hausarbeit fertig ist, die mir noch als letzter Klotz am Bein hängt).
Insofern: Auf einen ersten Blogversuch mit absolut offenem Ausgang, der aber hoffentlich die Möglichkeit bieten wird, ein paar Eindrücke über die nächsten sechs Monate meines Studentenlebens zu vermitteln.